akLogo  ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 424 / 18.03.1999

Dokumentation:

Für den sofortigen Ausstieg!

Ein Vertreter der Anti-Atom-Initiativen hielt auf der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen am 6. März folgende Rede, die wir leicht gekürzt haben:

Wir, VertreterInnen der Anti-AKW-Bewegung, wenden uns an euch als Delegierte, weil wir weiterhin für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie eintreten und hoffen, dafür auch bei euch noch UnterstützerInnen zu finden.

(...) Im (....) Wahlkampfes habt ihr den Atomausstieg - nach den massenhaften Auseinandersetzungen um Castortransporte und in Folge des Skandals um verstrahlte Atommülltransporte in den Plutoniumfabriken - zu einem zentralen Punkt erhoben: "Atomausstieg - nur mit uns!" war landauf landab auf grünen Wahlplakaten zu lesen. Dann habt ihr euch entschieden, auch dieses Ziel mit dem "Genossen der Bosse" und seiner SPD umzusetzen. Das ist eure Sache. (...) Wir sind entsetzt, wie schnell ihr dem Druck der Atommafia nachgegeben habt und ehemals gemeinsame Ziele aufgegeben habt.

Uns ist klar, wie beschränkt die parlamentarischen Möglichkeiten sind und wir haben uns daher auch für die außerparlamentarische Arbeit entschieden und hierbei - zum Teil mit euch - große Erfolge erzielt. Trotzdem ist es nicht nachvollziehbar, warum die Beendigung der Plutoniumwirtschaft (....) schlicht auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Erst wurde angekündigt, das Verbot innerhalb der ersten 100 Tage durch eine Novellierung des Atomgesetzes durchzusetzen, danach kam die Ankündigung, im Januar 2000 sei Schluß, und der von eurer Führung jetzt verkaufte Erfolg soll darin bestehen, daß die Betreiber "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" entscheiden, wann Schluß ist. So war es auch schon unter der alten Regierung! Das hat mit den Forderungen der Anti-AKW-Bewegung nichts zu tun! Mensch kann Niederlagen erleiden, wer sie aber wie eure Führung nur schön redet und von seinen ursprünglichen Forderungen gänzlich abweicht, verliert jede Glaubwürdigkeit, gerade unter SympathisantInnen. Vielleicht hat euer Wahlergebnis in Hessen auch damit etwas zu tun.

(...) inzwischen wird im Bundesumweltministerium mit Hochdruck an der Abarbeitung des Kontaminationsskandals gewerkelt. Statt die Voraussetzungen für einen Ausstieg aus der Atomenergie zu schaffen, werden also Voraussetzungen für neue Atomtransporte geschaffen. Damit begebt ihr euch auf die andere Seite und wir werden uns so massiv wie immer auch gegen euch quer stellen müssen! Auch die (...) geforderten Zwischenlager an den Standorten der Atomreaktoren schaffen nur Voraussetzungen für den Weiterbetrieb der Atompolitik. (... Sie) öffnen dem unbefristeten Betrieb der AKWs Tür und Tor. Ihr wißt so gut wie wir, daß diese Zwischenlager mit der Lösung des Endlagerproblems nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.

(...) diese Standortlager helfen nur dabei, das Problem der ungelösten Entsorgung aus dem Licht der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Hiermit werden bestenfalls die gesellschaftlichen Kontroversen um die Atompolitik - wie sie z.B. in Gorleben und Ahaus stattgefunden haben - stillgelegt, nicht aber die AKWs! Die Atomwirtschaft hat begriffen, daß die Atomenergie gesellschaftlich am Ende ist und nur noch - manchmal mit polizeistaatsähnlichen Methoden - durchgeprügelt werden kann (...)

Wir halten gar nichts von VerräterInnendebatten. Aber wie könnt ihr, nachdem wir jahrzehntelang - z.T. gemeinsam - auch wegen der ungelösten Entsorgung des Atommüllproblems das sofortige Ende der Atomenergie gefordert haben, erklären, daß diese ungelöste Entsorgung nicht zum Anlaß der Stillegung von AKWs genutzt werden soll. Das aber wurde der Atomwirtschaft im Rahmen der Konsens-Gespräche zugesagt. Das ist eine Kehrtwende Grüner Anti-Atom-Politik um 180°!

Wir fordern euch auf, eure Grundsätze in der Auseinandersetzung mit den Energieversorgungsunternehmen nicht vollständig aufzugeben und euch von der Macht nicht befrieden zu lassen! Schließt euch zusammen mit denjenigen bei euch, die noch die Forderung nach dem sofortigen Ausstieg aus der tödlichen Atompolitik vorbehaltlos unterstützen. Geht in Opposition zu euren VertreterInnen und streitet für die berechtigten Forderungen nach dem Ausstieg bei jedem Anlaß, in jedem Gremium und auch mit uns zusammen auf der Straße!

Wird das Treiben der Atomwirtschaft mit den Weihen der "Grünen-Bewegung" legitimiert, werden wir uns ganz massiv gegen euch stellen müssen. (...)


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