akLogo  ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 438 / 11.05.2000

Atomstromboykott - Auftakt in Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg bezieht ihren gesamten Strom von den Hamburgischen Electricitäts Werken (HEW). Die HEW sind an den AKWs Brunsbüttel, Krümmel, Brokdorf und Stade beteiligt und versorgen Hamburg zu ca. 80 Prozent mit Atomstrom. Und in Hamburg regiert eine rot-grüner Senat, der heute noch mit 25 Prozent an den HEW beteiligt ist. Der Verbrauch der öffentlichen Einrichtungen der Hansestadt liegt je nachdem was man einrechnet zwischen 300 und 500 Millionen Kilowattstunden jährlich.

Im September 1999 verkündete die Pressestelle der Hamburger Senats, dass die Stadt mit den HEW einen neuen Stromvertrag mit Wirkung vom 1. Juli 1999 abgeschlossen hat. Der neue Vertrag bringt der Stadt Einsparungen in Höhe von mindestens 17 Millionen DM. Die neuen Atomstromverträge laufen Mitte des Jahres 2001 aus und müssen bis dahin neu verhandelt werden.

Trotz der grünen Regierungsbeteiligung ging die Verlängerung der Atomstromverträge mit den HEW ohne jeden Konflikt über die Bühne. Offenbar hat es keinerlei Bemühungen der Grünen gegeben, dafür zu sorgen, dass die Stadt mit den neuen Verträgen mehr für den Atomausstieg tut und den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung stärker voranbringt. Dabei wäre es mehr als nur ein politisches Signal gewesen, wenn der rot-grüne Senat gegenüber den HEW auf atomfreien Strombezug bestanden hätte.

Doch die GAL ist offenbar inzwischen derart tief im Hamburger Regierungsfilz abgesackt, dass es innerhalb der Partei kaum für Aufregung sorgte, dass mit der Vertragsunterzeichnung die Grünen eine aktive Rolle für die weitere atomare Stromerzeugung übernommen haben. Völlig resigniert über die Energiepolitik der eigenen Partei, der Fraktion und der Regierungsmitglieder hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft Energie der GAL vor wenigen Wochen denn auch aufgelöst.

Die Atomstromboykott-Kampagne "Kein Atomstrom für Hamburg" hat sich das Ziel gesetzt, die Debatte über die Mitte 2001 neu abzuschließenden Stromverträge zu eröffnen. Mit einer Veranstaltung am 9. Mai (also kurz nach Redaktionsschluss) wollen Vertreter der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, des Hamburger Anti-Atom-Büros und der GAL-Abspaltung REGENBOGEN - für eine neue Linke die Kampagne öffentlich vorstellen. Der Ort dieser Veranstaltung ist gut gewählt. Denn die Lehrerkonferenz des Wirtschaftsgymnasiums Budapester Straße hat sich bereits Ende April dafür ausgesprochen, dass die Atomstromverträge gekündigt werden sollen. Die Schulleitung ist aufgefordert worden, gegenüber dem Senat die erforderlichen Schritte einzuleiten, um so schnell wie möglich neue, nicht-atomare Verträge abschließen zu können. Ein sicher nicht schlechter Auftakt für eine Kampagne, die das Licht der Öffentlichkeit erst noch erblicken soll. Schön wäre es, wenn andere bundesweite Initiativen und Umweltorganisationen diesem Beispiel folgen und eine flächendeckende Kampagne zum Atomstromboykott entsteht.

DSe


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